Im Lesemonat Mai wachte ich nach einem schweren Motorradunfall im Krankenhaus auf, übernahm in Lusaka eine Hühnerfarm, ging als 17jährige zum ersten Mal zur Schule, half Liss auf ihrem Bauernhof und bei der Ernte, pimpte mein Gehirn, übte mit Elias täglich 6 Stunden lang Gitarrenriffs und versuchte den Geheimnissen der Biografiearbeit auf die Schliche zu kommen.
Bücherwelten – irgendwo zwischen Fiktion und Realität…
Vom Ende der Einsamkeit von Benedict Wells: Obwohl es in diesem Buch um Verlust, Tod und Krankheit geht, hatte ich doch den Eindruck, ein Wohlfühlbuch zu genießen, in das man sich entspannt hineinfallen lassen und in dem man stundenlang schmökern kann. Ausgezeichnet!
Das Auge des Leoparden von Henning Mankell: Fein beobachtet schildert der Autor das Dilemma der Kolonialisierung und der späteren Ent-Kolonialisierung von Sambia. Hervorragend!
Befreit von Tara Westover: Ein großartiges Buch über eine bemerkenswerte Frau, die es durch harte Arbeit und Durchhaltevermögen geschafft hat, sich durch Bildung ein neues Leben aufzubauen. Beeindruckend!
Alte Sorten von Ewald Arenz: Eine schöne Geschichte irgendwo zwischen wuchtig und ganz zart – mit leisem Humor, Wut, Traurigkeit und Tiefgang. Eine umfangreiche Gefühlspalette zum mittendrin sein und mitfühlen, aber auch mit Wohlfühlmomenten. Wunderbar!
Mein Kopf gehört mir von Miriam Meckel: Eine Mischung aus erschreckend und faszinierend, was da am Gehirn erforscht und schon herausgefunden wurde. Wahnsinnig interessant!
Die goldene Ananas von Dennis Kornblum: Sprachlich sehr einfach, aber nichtsdestotrotz ein interessant und authentisch gehaltener Einblick in Leben und Wahrnehmung eines unter Asperger-Syndrom leidenden 26jährigen Gitarristen.
Biografiearbeit – Die innere Schatzsuche von Anja Mannhard: Ein kurzes Buch mit vielen Übungen und Fragen, um die eigene Lebensgeschichte unter die Lupe zu nehmen. Für mich zu bastellastig und zu wenig Erklärungen. Wohl eher an Fachleute gerichtet.
Anja Mannhard ist Autorin und Illustratorin zahlreicher Bücher und Artikel im Bereich Pädagogik, Psychologie, Logopädie sowie Kinder- und Jugendbuch. Sie ist im Sozialmanagement und als Referentin tätig und lebt am Bodensee. Sie verspricht auf spielerische und kreative Weise die biografischen Spuren zu erforschen und sie für das heutige Leben zugänglich und nutzbar zu machen. Zahlreiche Übungen und Impulse zur Rückschau sollen helfen zu verstehen, weshalb man zu der Person geworden ist, die man ist, was das persönliche Leitmotiv im Leben ist und schließlich zu überprüfen, ob man lieber auf den alten Pfaden oder auf neuen Wegen weitergehen möchte.
Zunächst einmal geht es darum, die Dinge und Erinnerungen, die auftreten, so zu akzeptieren, wie sie sind. Ein zu schnelles Eingreifen und Verändern wollen kann unter Umständen mehr Schaden anrichten als Nutzen für die biografische Entwicklung bringen. Und wenn bestimmte Erinnerungen und Erfahrungen sehr stark belasten, kann es empfehlenswert sein sich psychologische Unterstützung zu suchen, gibt die Autorin zu bedenken.
Inhaltlich ist das Buch in vier Teile gegliedert:
Meiner Biografie begegnen
Meinem Weg vertrauen
Wendepunkten mutig begegnen
Gesichter der Erkenntnis
Um den eigenen Eckpunkten in der Lebensgeschichte auf die Schliche zu kommen, gibt es in dem Buch zahlreiche Übungen, die anweisen zu bestimmten Themen zu malen, kleben, beschriften und mit Stichpunkten zu versehen. Auch soll eine Erinnerungskiste bestückt werden, ein roter Faden in der eigenen Geschichte gefunden werden und noch vieles mehr. Außerdem gibt es viele Fragen, die man gezielt für sich beantworten kann, um Anhaltspunkte dafür zu bekommen, wie man seiner eigenen Biografie begegnen kann. In der Rubrik „Ich erinnere mich“ wird man an einzelne Situationen noch etwas gezielter herangeführt.
Und doch kann ich mit diesem Buch nicht so recht warm werden. Viele der Übungen empfinde ich eher als ‚gut gemeint‘ anstatt als wirklich hilfreich. Zuweilen wirkt das Buch etwas unstrukturiert auf mich und manches wiederholt sich. Das bringt mich dazu, das Buch zunächst einmal komplett durchzulesen, weil ich etwas Greifbares suche, bei dem sich ansetzen und anfangen lässt. Doch auch beim zweiten Lesen fällt mir auf, dass mich das nicht lineare Springen in den Altersklassen eher verwirrt. Ich gehe davon aus, dass es besser wäre, das Buch strikt Kapitel für Kapitel durchzuarbeiten, um eine Vorgehensweise zu finden und doch noch einen echten Mehrwert zu erhalten.
Aber ich muss feststellen, dass ich eher für die verschriftlichte Form der Biografiearbeit offen bin und kann mich für den spielerischen kreativen Zugang in Form von Basteln und Malen nicht so sehr begeistern. Das sind natürlich persönliche Präferenzen, die für mich jedoch so dominant sind, dass ich den Einstieg in diese Art der Übungen nicht finden kann. Denn ich hätte mir bei manchem eine Auswertung oder zumindest eine Erklärung gewünscht, wohin mich denn die Bastel- oder Malarbeit bringen soll oder was sie bewirkt.
Insgesamt könnte ich mir eher vorstellen, dass dieses Buch nicht so sehr für den unerfahrenen Privatanwender, sondern vielleicht für therapeutisch tätiges Fachpersonal geeignet ist, das damit eine Übersicht von möglichen Fragen und Übungen erhält, um dann gemeinsam mit der Person, die sich mit ihrer Biografie auseinandersetzen möchte, den individuellen Einstiegspunkt in die Lebensgeschichte zu finden, die Ergebnisse durchzugehen und bestenfalls auch zu besprechen und auszuwerten. Denn vor allem Letzteres kann dieses Buch nicht leisten und für den Einsteiger in diese Thematik ist es zu oberflächlich gehalten.