abc.etüden: Momentaufnahme

Wie war das noch gleich? Beim Auslösen nicht atmen, beziehungsweise vorher komplett ausatmen und zusätzlich den Arm anwinkeln und am Körper stabilisieren? Es musste einfach funktionieren. Eine andere Möglichkeit gab es nicht, denn ihr Stativ hatte sie zu Hause vergessen und so stand es in ihrem knapp 13.000 Kilometer entfernten Flur und setzte Staub an, statt ihr hier gute Dienste zu leisten.

Sie brachte sich in Position. Jetzt hieß es noch einmal tief ein und ein letztes Mal ausatmen und dann war atemlose Schockstarre angesagt, bis das Bild im Kasten war – jede noch so kleine Bewegung der Kamera würde das Bild verderben. Ehrfürchtig betätigte sie den Auslöser und kurze Zeit später kam das zeitversetzte Klicken, das das Ende der Belichtungszeit verriet.

Alle Anspannung fiel von ihr ab. Sie ließ die Kamera sinken und genoss den intensiven Augenblick des Nachspürens in dem Bewusstsein, dass an diesem unwirklichen Ort voller naturgegebener Schönheit soeben ihr größter Kindheitstraum in Erfüllung gegangen war. Selbst der Blick aufs Kameradisplay ließ sie aus ihrem innersten heraus lächeln.


Bei den abc.etüden geht es darum, 3 Worte in einer Geschichte unterzubringen, die maximal 10 Sätze umfasst. In dieser Woche kam die Wortspende von Anna Lena von Meine literarische Visitenkarte und lautete: Stativ, Kindheitstraum, nachspüren.

5 Kommentare zu „abc.etüden: Momentaufnahme

  1. Ach, wie wunderbar! Aber WENN das Licht so gering war, dass sie ein Stativ gebraucht hätte, DANN wird sie es bei Freihand vermutlich verwackeln. Wenn die Zeit so lang ist, dass das Klicken nicht sofort kommt … das hält man nicht aus der Hand. Also ich nicht. Was helfen könnte, wäre sich irgendwo abzustützen. Oder, noch besser, die Kamera zum Beispiel auf einem hilfreichen Ast ablegen und per Selbstauslöser fotografieren – das minimiert die Erschütterung.
    Technische, aber nichtsdestotrotz begeisterte Grüße
    Christiane

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    1. Wohl wahr, aber manchmal gibt die Umgebung so etwas nicht her für eine Aufnahme, wie man sie sich vorstellt und die Lichtverhältnisse sind grenzwertig. Da hilft es nur, das Bild sicherheitshalber ganz tief in sich aufzunehmen und den Augenblick zu genießen, selbst wenn das Bild der Kamera verwackelt ist 🙂

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