Die Totentänzerin – Max Bentow

Als Nils Trojan am Schauplatz eines Mordes eintrifft, wird er mit einem Schrecken ungekannten Ausmaßes konfrontiert: Ein Liebespaar liegt grausam hingerichtet auf dem Bett, in einer grotesken Umarmung im Tod vereint. Bei ersten Recherchen stößt Trojan auf eine Spur zur Frau seines Chefs. Kann es ein, dass sie im Wahn zu Dingen fähig ist, an die sie sich später nicht mehr erinnert? Doch Trojan hat keine Zeit für Spekulationen, denn ein weiteres Paar wird ermordet, und es wird nicht das letzte sein.

Dies ist nun schon der dritte Fall rund um den Berliner Kommissar Nils Trojan, den ich mir als Hörbuch anhöre. Auch dieser Psychothriller wurde wunderbar von Axel Milberg eingesprochen, der es schafft den Charakteren eine unverwechselbare Stimme zu geben und der durch Betonung und Sprechtempo eine Lebendigkeit erzeugt, die einen regelrecht in dieses Hörbuch zieht. Oft mochte ich, anstatt wie sonst beim Hörbuchhören anderen Dingen nachzugehen, es mir einfach nur in meinem Lesesessel bequem zu machen und mit ganzer Aufmerksamkeit der Geschichte zu lauschen. Das war auch dieses Mal so und Max Bentow hat sich wieder einmal allerhand Schauriges einfallen lassen, um ungewöhnliche Tatorte zu kreiren und einige spannende Geschehnisse in die Handlung einzubauen.

Und doch schaffte die Geschichte mich nicht in dem gleichen Maße zu fesseln, wie die beiden Teile davor. Alles wirkte ein wenig unausgegoren und wollte sich nicht so recht zusammenfügen, aber richtig schlecht fand ich es dennoch nicht. „Die Totentänzerin“ ist einer der Psychothriller, die ich mit einem zusammenfassenden „Na ja“ beendet habe und der vermutlich nicht länger im Gedächtnis bleiben wird.

Fast bedaure ich es ein wenig, dass ich Teil 4 „Das Hexenmädchen“ im Rahmen der 2 Hörbücher für 1 Guthaben schon bei Audible gekauft habe. Das muss nun allerdings noch ein wenig warten, denn ich brauche eine kleine Pause von Max Bentows Psychothrillern. Allerdings hat mich das nicht davon abgehalten nachzuschauen, welche Hörbücher Axel Milberg sonst noch eingesprochen hat. Da gibt es so einiges zu entdecken, das werde ich im Auge behalten.

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Max Bentow
Die Totentänzerin: Kommissar Nils Trojan 3
Ungekürztes Hörbuch
Sprecher: Axel Milberg
Spieldauer: 9 Std. und 13 Min.
Erscheinungsdatum: 02.09.2013
Sprache: Deutsch
Anbieter: Der Hörverlag

erLESENer Oktober 2021

Im Lesemonat Oktober verwüstete ich mit Herrn Schmidt die Küche um für Barbara zu kochen, aß mich dumm und dusselig, versuchte in Nordkorea zu überleben und floh mit Morrigan nach Nevermoor.

Bücherwelten – irgendwo zwischen Realität und Phantasie.

Barbara stirbt nicht von Alina Bronsky: Die bitterböse und doch warmherzige Geschichte eines Rentners, dessen Frau von einem auf den anderen Tag nicht mehr ‚funktioniert‘. Empfehlenswert!

Dumm gegessen! von Hans-Ulrich Grimm: Ein Buch, das die Probleme unmissverständlich vor Augen führt, welche durch die eigens konstruierte ultraverarbeitete Nahrung der Lebensmittelkonzerne entsteht. Erschreckend!

Denunziation von Bandi: Atmosphärisch und eindringlich erzählt Bandi vom Alltag der Menschen in Nordkorea, davon, wie ihr Leben bestimmt wird von den strengen Regeln der Diktatur und von den grausamen Folgen, die Verstöße nach sich ziehen. Erschütternd!

Fluch und Wunder . Nevermoor 1 . von Jessica Townsend: Morrigan ist ein verfluchtes Kind und soll deshalb in der Nacht zu ihrem elften Geburtstag sterben. Doch glücklicherweise kommt alles ganz anders. Bezaubernd!

Fluch und Wunder . Nevermoor 1 – Jessica Townsend

Ich hatte Lust auf verzauberte Welten voller Magie und Abenteuer, wie bei Harry Potter. Und doch griff ich nicht zu den geliebten Büchern sondern folgte den Tipps, die mich auf die dreiteilige Reihe Nevermoor rund um das verfluchte Mädchen Morrigan Crow neugierig gemacht hatten. Ich entschied mich dafür, den ersten Teil der Geschichte als Hörbuch zu erleben und habe es nicht bereut, denn Hans Löw hat den Charakteren mit seiner Stimme auf unverwechselbare Weise Leben eingehaucht, ohne dabei ins Kitschige zu verfallen.

Morrigan ist ein verfluchtes Kind und soll deshalb in der Nacht zu ihrem elften Geburtstag sterben. Ein Unbekannter, der sich als Jupiter North vorstellt, rettet sie und bringt sie in die Stadt Nevermoor. Sie soll an den Aufnahmeprüfungen zur Wundersamen Gesellschaft teilnehmen. Mit seltsamen Wettbewerben werden die Kandidaten ausgewählt, wobei Morrigan nicht einmal weiß, worin ihr besonderes Talent besteht. Oder kann Morrigan vielleicht mehr, als sie ahnt?

Außer ihrem Förderer, Kapitän North, ist auch der absolut böse Wunderschmied interessiert, sich ihre Fähigkeiten zu Nutze zu machen. Eine Welt voller Magie hat die Autorin für ihre Leserinnen geschaffen. Beeindruckende Wesen, irrsinnige technisch-magische Gegenstände oder Fertigkeiten sowie wichtige Werte wie Freundschaft, Tapferkeit, Ehrlichkeit sind die „Grundzutaten“ der Geschichte, in der der Kampf zwischen Gut und Böse noch lange nicht entschieden ist.

Sprachgewitzt, bildgewaltig und fantasievoll: Teil 1 der international gefeierten Kinderbuch-Trilogie entführt die Leser in ein einzigartiges Wunderland voller Magie und Abenteuer, das mich vollends begeistert hat. Und auch wenn ich Nevermoor und Harry Potter nicht vergleichen möchte, weil es einfach unterschiedliche Geschichten von unterschiedlichen Autorinnen sind, so hat mich Nevermoor doch auf ähnliche Weise verzaubern und ganz in die Geschichte hineinziehen können. Genau so etwas hatte ich gesucht und bin nun natürlich gespannt darauf, wie es mit Morrigan Crow und ihren Freunden weiter geht. Gerne hätte ich mir auch die beiden folgenden Teile als Hörbuch angehört, aber sie wurden leider noch nicht in deutscher Sprache vertont. Da bleibt nur der Griff zu den Büchern – ich freue mich schon auf weiterlesen.

Edit 30.10.2021: Sicherheitshalber habe ich auch beim Oetinger Verlag nachgefragt, ob es die Fortsetzungen von Nevermoor noch als Hörbuch geben wird, aber das wurde definitiv verneint.

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Jessica Townsend
Fluch und Wunder – Nevermoor 1
Ungekürztes Hörbuch
Sprecher: Hans Löw
Spieldauer: 11 Std. und 26 Min.
Erscheinungsdatum: 09.03.2018
Sprache: Deutsch
Anbieter: Oetinger Media

erLESENer Juli 2021

Im Lesemonat Juli war ich mit hellwachem Geist in meinem bewegungslosen Körper gefangen, versuchte mit dem Tod meiner 16jährigen Tochter fertig zu werden, reiste zurück in die Zeit der 1980er Jahre, fand fest in Plastikfolie eingewickelte Leichen, die aussahen wie Kokons, durchlebte den Horror der fortschreitenden Klimakrise, genoss die vietnamesische Küche, beobachtete jemanden beim Morden mit Bauschaum und nahm mit der Bestatterin Blum Rache an den Mördern ihres Mannes.

Bücherwelten – irgendwo zwischen Apokalypse und vermeintlich heiler Welt.

Schmetterling und Taucherglocke von Jean-Dominique Bauby: Die autobiografischen Eindrücke eines 43jährigen, der unter dem Locked-In-Syndrom leidet und mit seinem hellwachen Geist in einem bewegungslosen Körper gefangen ist. Bewegend!

Was ich euch nicht erzählte von Celeste Ng: Das im Untergrund schwelende Familiendrama rund um eine verschwundene Sechzehnjährige. Fesselnd und eindringlich erzählt. Von der Autorin werde ich mehr lesen.

Wir Kassettenkinder von Stefan Bonner und Anne Weiss: Eine Zeitreise in die 1980er Jahre, in die guten und schlechten Zeiten. Hat mir sehr viel Freude bereitet.

Die Verlorenen von Simon Beckett gelesen von Johannes Steck: Der Auftakt der neuen Reihe von Simon Beckett war soweit in Ordnung, konnte mich aber trotz hervorragendem Hörbuchsprecher nicht vollends überzeugen.

Was, wenn wir einfach die Welt retten von Frank Schätzing: Ein gelungener Ansatz des Autors, der nicht mit erhobenem Zeigefinger doziert, aber dennoch deutlich macht, dass wir alles Sinnvolle unternehmen müssen, um die Klimaziele zu erreichen und realistisch betrachtet auch auf die Konsequenzen vorbereitet sein sollten, wenn uns das nicht gelingt. Lesenswert!

Der Geschmack der Sehnsucht von Kim Thúy: Dieses Buch entführt in eine fremde Welt mit den Gerichten, Gewürzen und Zutaten der vietnamesischen Küche, gewährt aber auch Einblicke in die Kultur, Sprache und Geschichte. Ein perfekter BUCHweltreise-Kandidat.

Die Puppenmacherin von Max Bentow gelesen von Axel Milberg: Ein weiterer hervorragender Hörbuchsprecher, widerliche Leichen in Bauschaum, spannend – krank – unterhaltsam.

Totenfrau von Bernhard Aichner gelesen von Christian Berkel: Und noch ein hervorragender Hörbuchsprecher. Es handelt sich hierbei um den Auftakt der Trilogie, in der eine Bestatterin Rache nimmt. Brutal, widerlich, spannend – krank – unterhaltsam.

Totenfrau – Bernhard Aichner

In den vergangenen Monaten hatte ich nicht so richtig Lust auf Thriller, dafür habe ich in diesem Monat gleich drei angehört. Und ich würde sie mir alle drei sofort wieder anhören, anstatt sie zu lesen, weil die jeweiligen Hörbuchsprecher sie zu etwas ganz Besonderem gemacht haben.

Aufmerksam wurde ich auf „Totenfrau“, weil ich über die Trilogie rund um die Bestatterin Brunhilde Blum Lobendes hörte und „Bösland“ von Bernhard Aichner bereits mochte. Deshalb griff ich gerne zu, als der erste Teil bei Audible als Bestandteil der Aktion 2 Hörbücher zum Preis von einem Guthaben angeboten wurde. Den Buchtrailer zum Buch kannte ich da noch nicht, möchte ihn euch aber nicht vorenthalten:

Wie bereits erwähnt, habe ich „Totenfrau“ nicht selbst gelesen, sondern mir als Hörbuch angehört und war begeistert. Es fesselt tatsächlich und hat mich nicht mehr losgelassen. Denn Christian Berkel schafft es den Charakteren wirkungsvoll Leben einzuhauchen und seine Stimme den entsprechenden Stimmungen anzupassen, so dass einen dieses Hörbuch gänzlich gefangen nimmt und sogar aus dem Alltag und seinen Tätigkeiten herauszureißen versteht.

Spannend, der Bestatterin Brunhilde Blum dabei zu folgen, wie sie dem Tod ihres Mannes auf den Grund geht. Sie ist liebevolle Mutter zweier Kinder, besticht durch ihr großes Herz, ihren schwarzen Humor und ihre Coolness. Blum fährt Motorrad, trinkt gerne und ist glücklich verheiratet. Blums Leben ist gut. Doch plötzlich gerät dieses Leben durch den Unfalltod ihres Mannes, eines Polizisten, aus den Fugen. Vor ihren Augen wird Mark überfahren. Fahrerflucht. Alles bricht auseinander. Blum trauert, will sich aber mit ihrem Schicksal nicht abfinden. Durch Zufall findet sie heraus, dass mehr hinter dem Unfall ihres Mannes steckt. Blum sucht Rache. Was ist passiert? Warum musste Mark sterben? Als sie die Antworten gefunden hat, schlägt sie zu. Erbarmungslos.

Dieser Thriller ist nichts für schwache Nerven – und auch nichts für schwache Mägen. Denn hier geht es nicht nur bis über die Schmerzgrenze brutal zu, sondern es werden auch Leichen ausgenommen und zersägt. Aber das Ganze verkommt nicht zum Selbstzweck. Es schockiert, passt aber in diesen ungewöhnlichen Thriller und zu seiner besonderen Protagonistin.

Der Schreibstil ist ungewöhnlich knapp und ich bin mir nicht sicher, ob er mir Freude gemacht hätte, wenn ich das Buch selbst gelesen hätte. Beim Vorlesen erzeugt das jedoch eine ganz besondere Stimmung und zieht einen regelrecht ins Hörbuch hinein. Alles mündet in einem Ende, das für mich so nicht vorhersehbar war und das Buch auch als Einzelband stehen lassen könnte. Aber es bleibt da doch noch ‚eine Kleinigkeit‘ ungeklärt und die Geschichte hat mich so weit gepackt, dass ich wissen möchte, wie es in „Totenhaus“, dem 2. Band der Trilogie weiter geht. Nur schade, dass Christian Berkel die beiden Folgebände nicht mehr eingesprochen hat – an Wolfram Koch muss ich mich dann erst noch gewöhnen.

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Bernhard Aichner
Totenfrau (Bestatterin Brunhilde Blum 1)
Ungekürztes Hörbuch
Sprecher: Christian Berkel
Spieldauer: 8 Std. und 28 Min.
Erscheinungsdatum: 14.03.2014
Sprache: Deutsch
Anbieter: Der Hörverlag

Die Puppenmacherin – Max Bentow

Vor einiger Zeit war ich auf die Thriller Reihe rund um den Berliner Kommissar Nils Trojan von Max Bentow aufmerksam geworden. Der erste Teil der Reihe, „Der Federmann“ hatte zwar für meinen Geschmack einige Schwächen, konnte mir aber dennoch Appetit aufs Weiterhören machen, vor allem auch aufgrund des hervorragenden Hörbuchsprechers. Und so war es auch dieses Mal ein Vergnügen Axel Milberg dabei zuzuhören, wie er den unterschiedlichen Charakteren mit der Virtuosität seiner Stimme und der Anpassung der Sprechgeschwindigkeit an den jeweiligen Inhalt lebhaft Ausdruck verleiht. Großartig!

Aber man muss auch wissen, dass es sich auch bei diesem Thriller um einen von denen handelt, bei denen man sich fragt, wer sich sowas eigentlich ausdenkt und was es wohl über einen aussagt, wenn einem das dann auch noch gefällt. Denn der Berliner Kommissar Nils Trojan wird auch dieses Mal an den Schauplatz eines ungewöhnlichen Mordfalles gerufen: In einem Keller wurde der Körper einer jungen Frau gefunden, seltsam erstarrt in einem monströsen Sarkophag aus getrocknetem Schaum. Bei seiner Recherche stößt Trojan auf einen älteren Fall, der verblüffende Parallelen aufweist. Doch gilt der Täter von damals inzwischen als tot. Wird seine schreckliche Vorgehensweise kopiert? Oder ist er doch noch am Leben und besessen davon, sein Werk fortzusetzen? Trojan bittet die Psychologin Jana Michels um Hilfe, denn er spürt, dass das Töten noch lange kein Ende hat.

Auch mit dem zweiten Fall hat mich Max Bentow schnell gefesselt. Der Fall um die Puppenmacherin ist sehr spannend erzählt, wobei die sehr kurzen Kapitel und die wechselnden Perspektiven für viel Dynamik sorgen. So baut Bentow einen sehr gelungenen Bogen über die gesamte Handlung, setzt zahlreiche Highlights und packende Momente, lässt ein wahres Katz-und-Maus-Spiel entstehen, in der Trojan dem Täter immer näher kommt. Der reizvolle Ausgangspunkt und der packende Mittelteil trösten über den etwas überhasteten und mit Zufällen übersäten Schluss hinweg.

Alles in allem habe ich mich aber sehr gut unterhalten gefühlt und freue mich darüber, dass alle der bislang erschienen acht Teile der Reihe mit Axel Milberg eingesprochen wurden. Ich werde bei der nächstbesten Thrillerlaune also gerne zu „Die Totentänzerin“, dem nächsten Fall von Nils Trojan greifen, um ihn mir vorlesen zu lassen.

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Max Bentow
Die Puppenmacherin (Kommissar Nils Trojan 2)
Ungekürztes Hörbuch
Sprecher: Axel Milberg
Spieldauer: 9 Std. und 15 Min.
Erscheinungsdatum: 27.07.2012
Sprache: Deutsch
Anbieter: Der Hörverlag

Die Unschärfe der Welt – Iris Wolff

Es war schon allein der schöne Titel, der mich auf dieses Buch aufmerksam machte und wohl auch nicht mehr los ließ. Als dann kürzlich bei Audible bei der Hörbuch-Aktion ‚2 Hörbücher zum Preis für ein Guthaben‘ dieses Buch wieder auftauchte, entschied ich mich dafür, dass es mich im Rahmen meiner BUCHweltreise nach Rumänien führen sollte. Im nachhinein wünschte ich mir jedoch, ich hätte es lieber selbst gelesen. Denn ich gehe davon aus, dass es mir als Buch wirklich gut gefallen hätte.

Der Klappentext verrät: Hätten Florentine und Hannes den beiden jungen Reisenden auch dann ihre Tür geöffnet, wenn sie geahnt hätten, welche Rolle der Besuch aus der DDR im Leben der Banater Familie noch spielen wird? Hätte Samuel seinem besten Freund Oz auch dann rückhaltlos beigestanden, wenn er das Ausmaß seiner Entscheidung überblickt hätte? In Die Unschärfe der Welt verbinden sich die Lebenswege von sieben Personen, sieben Wahlverwandten, die sich trotz Schicksalsschlägen und räumlichen Distanzen unaufhörlich aufeinander zubewegen. So entsteht vor dem Hintergrund des zusammenbrechenden Ostblocks und der wechselvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts ein großer Roman über Freundschaft und das, was wir bereit sind, für das Glück eines anderen aufzugeben. Kunstvoll und höchst präzise lotet Iris Wolff die Möglichkeiten und Grenzen von Sprache und Erinnerung aus – und von jenen Bildern, die sich andere von uns machen.

Gelesen wird dieses Hörbuch von Eva Gosciejewicz, die eine angenehme Stimme hat, diese jedoch bei den männlichen Protagonisten unschön verändert, unnötigerweise selbst bei indirekter Rede. Das fiel für mich irgendwann so unangenehm ins Gewicht, dass es mir die Freude an dem Hörbuch nahm. Auch hätte ich mir Sprechpausen bei den Übergängen zu neuen Kapiteln gewünscht. Denn es war für mich anfangs etwas verwirrend, dass Iris Wolff diese Familiengeschichte in in sich abgeschlossenen Kurzgeschichten erzählt, die nicht unbedingt in einer logischen zeitlichen Reihenfolge angeordnet sind.

In jeder Kurzgeschichte steht eines der Familienmitglieder im Fokus, die jede auf ihre Weise versuchen der Geschichte zu entkommen. Wir befinden uns dabei im sozialistischen Rumänien, erleben politische Umbrüche, erleben eine Flucht und landen irgendwann auch in Deutschland. Iris Wolff erzählt die berührende Geschichte der Menschen aus dem Banat in klarer, aber dennoch zarter Sprache. Gelegentlich ist die Wortwahl auch poetisch und lädt zum Innehalten und Verweilen ein. Für mich ist „Die Unschärfe der Welt“ daher unbedingt ein Buch zum selber lesen.

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Iris Wolff
Die Unschärfe der Welt
Ungekürztes Hörbuch
Sprecherin: Eva Gosciejewicz
Spieldauer: 6 Std. und 16 Min.
Erscheinungsdatum: 24.08.2020
Anbieter: Audible Studios

erLESENer Mai 2021

Im Lesemonat Mai wachte ich nach einem schweren Motorradunfall im Krankenhaus auf, übernahm in Lusaka eine Hühnerfarm, ging als 17jährige zum ersten Mal zur Schule, half Liss auf ihrem Bauernhof und bei der Ernte, pimpte mein Gehirn, übte mit Elias täglich 6 Stunden lang Gitarrenriffs und versuchte den Geheimnissen der Biografiearbeit auf die Schliche zu kommen.

Bücherwelten – irgendwo zwischen Fiktion und Realität…

Vom Ende der Einsamkeit von Benedict Wells: Obwohl es in diesem Buch um Verlust, Tod und Krankheit geht, hatte ich doch den Eindruck, ein Wohlfühlbuch zu genießen, in das man sich entspannt hineinfallen lassen und in dem man stundenlang schmökern kann. Ausgezeichnet!

Das Auge des Leoparden von Henning Mankell: Fein beobachtet schildert der Autor das Dilemma der Kolonialisierung und der späteren Ent-Kolonialisierung von Sambia. Hervorragend!

Befreit von Tara Westover: Ein großartiges Buch über eine bemerkenswerte Frau, die es durch harte Arbeit und Durchhaltevermögen geschafft hat, sich durch Bildung ein neues Leben aufzubauen. Beeindruckend!

Alte Sorten von Ewald Arenz: Eine schöne Geschichte irgendwo zwischen wuchtig und ganz zart – mit leisem Humor, Wut, Traurigkeit und Tiefgang. Eine umfangreiche Gefühlspalette zum mittendrin sein und mitfühlen, aber auch mit Wohlfühlmomenten. Wunderbar!

Mein Kopf gehört mir von Miriam Meckel: Eine Mischung aus erschreckend und faszinierend, was da am Gehirn erforscht und schon herausgefunden wurde. Wahnsinnig interessant!

Die goldene Ananas von Dennis Kornblum: Sprachlich sehr einfach, aber nichtsdestotrotz ein interessant und authentisch gehaltener Einblick in Leben und Wahrnehmung eines unter Asperger-Syndrom leidenden 26jährigen Gitarristen.

Biografiearbeit – Die innere Schatzsuche von Anja Mannhard: Ein kurzes Buch mit vielen Übungen und Fragen, um die eigene Lebensgeschichte unter die Lupe zu nehmen. Für mich zu bastellastig und zu wenig Erklärungen. Wohl eher an Fachleute gerichtet.

Alte Sorten – Ewald Arenz

Als es kürzlich bei Audible eine Aktion gab, bei der aus einer Auswahl bestimmter Hörbücher 2 für 1 Guthaben gekauft werden konnten, stieß ich unter anderem auf „Alte Sorten“ von Ewald Arenz. An diesem Buch kam man vor einiger kaum vorbei, weil viele Lesende so voll des Lobes darüber waren. Längst hatte mich das neugierig gemacht und bei dem Schnäppchenangebot war ich ja eigentlich schon fast gezwungen zuzugreifen. Mal gut, denn dieses Hörbuch wurde für mich zu einem weiteren Highlight in diesem Jahr.

Eingesprochen wurde „Alte Sorten“ von Sabine Arnhold, die in dem ungekürzten knapp 7-stündigen Hörbuch die beiden Protagonistinnen Sally und Liss mit ihrer Stimme zu unverwechselbaren Charakteren macht, deren Stimmungen und Gefühlsregungen man nicht nur hören, sondern sogar spüren kann. Das liegt nicht zuletzt auch an dem Einfühlungsvermögen, mit dem Ewald Arenz die gemeinsame Geschichte dieser beiden Frauen zeichnet, die erstmals an einem Weinberg in der Nähe eines kleinen Dorfes aufeinander treffen.

Liss ist eine starke verschlossene Frau, hat dort einen Bauernhof und lebt recht isoliert von der Dorfgemeinschaft. Als sie auf die siebzehnjährige Sally trifft, die offensichtlich durchgebrannt ist, nimmt sie diese ohne Fragen zu stellen bei sich auf. Für Sally ist die etwa 30 Jahre ältere Frau ein Rätsel. Aber Liss ist zu dem Zeitpunkt genau die Person, die Sally braucht, weil sie die Ruhe hat, Sally so sein zu lassen, wie sie ist und weil es ihr gut tut Liss bei der Arbeit auf dem Hof und in der Natur zur Hand zu gehen. Allmählich entwickelt sich zwischen den beiden Frauen eine Freundschaft. Und als Leser erfährt man nach und nach, was sie bewegt und was ihnen in ihrem Leben widerfahren ist.

Obwohl aus Sally oft auch viel Wut herausplatzt, ist „Alte Sorten“ eher ein Buch der leisen Töne. Es geht um den Rückzug und darum, miteinander auch mal schweigen zu können. Es geht um Freundschaft, Anerkennung und Akzeptanz. Aber auch um die Rückbesinnung auf die Natur und das Wahrnehmen der zwischenmenschlichen Töne, die nur hörbar sind, wenn das Laute in den Hintergrund tritt. Man versteht beide Frauen, die jede ihr eigenes Schicksal durchlitten hat und fühlt mit ihnen.

Gleichzeitig nimmt einen Ewald Arenz beim Lesen selbst mit in die Natur und sorgt durch seine sinnlichen Beschreibungen dafür, dass man selbst etwas über die Imkerei und die Weinlese lernt, beim Schnapsbrennen und bei der Kartoffelernte dabei ist, alte Sorten kennen lernt und sogar meint, den Geschmack dieser fast vergessenen Birnensorten selbst auf der Zunge zu haben.

Eine schöne Geschichte irgendwo zwischen wuchtig und ganz zart – mit leisem Humor, Wut, Traurigkeit und Tiefgang. Eine umfangreiche Gefühlspalette zum mittendrin sein und mitfühlen, aber auch mit Wohlfühlmomenten, die richtig Lust aufs Landleben machen. Einfach wunderbar!

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Ewald Arenz
Alte Sorten
Ungekürztes Hörbuch
Sprecherin: Sabine Arnhold
Spieldauer: 7 Std. und 14 Min.
Erscheinungsdatum: 21.11.2019
Anbieter: Audible Studios

Vom Ende der Einsamkeit – Benedict Wells

Vor einiger Zeit kam man an diesem Buch einfach nicht vorbei. Überall wurde es hoch gelobt und führte lange die Bestsellerlisten an. Und doch zog mich damals nichts zu der Geschichte hin, obwohl ich von Benedict Wells bereits „Spinner“ gelesen hatte und auch mochte. Als ich neulich bei Spotify auf der Suche nach einem neuen Hörbuch war, fiel mir erneut „Vom Ende der Einsamkeit“ ins Auge. Ich wollte eigentlich nur mal kurz reinhören, aber daraus wurde schnell mehr. Inzwischen kann ich den Hype nachvollziehen, denn es war auch für mich ein echtes Highlight.

Der Roman beginnt, als Jules mit Mitte vierzig nach einem schweren Motorradunfall im Krankenhaus aufwacht. Mühevoll und langsam erinnert er sich an seine Vergangenheit. Jules und seine beiden Geschwister wachsen behütet auf, bis ihre Eltern bei einem Unfall ums Leben kommen. Obwohl sie auf dasselbe Internat kommen, geht jeder seinen eigenen Weg. Während Liz sich in Drogen- und Sexabenteuer stürzt und Marty sich in seiner Computerwelt verkriecht, zieht sich der einst so selbstbewusste Ich-Erzähler Jules immer mehr in seine Traumwelten zurück. Nur mit der geheimnisvollen Alva schließt er Freundschaft, doch erst Jahre später wird er begreifen, was sie ihm bedeutet. „Vom Ende der Einsamkeit“ ist eine tragische Liebesgeschichte, aber auch eine berührende Familiengeschichte über den Umgang mit Verlust und Einsamkeit, über Protagonisten, die ihren Weg im Leben suchen.

“Das Gegengift zu Einsamkeit ist nicht das wahllose Zusammensein mit irgendwelchen Leuten. Das Gegengift zu Einsamkeit ist Geborgenheit.”

Benedict Wells – Vom Ende der Einsamkeit

Obwohl es in diesem Buch um Verlust, Tod und Krankheit geht, hatte ich doch den Eindruck, ein Wohlfühlbuch zu genießen, in das man sich entspannt hineinfallen lassen und stundenlang darin schmökern kann. Denn Benedict Wells gelingt es sofort, mich beim Hören in den Bann zu ziehen. Doch immer, wenn es gut läuft und man sich mit den Protagonisten in trügerischer Sicherheit wiegt, schlägt das Schicksal wieder zu. Dennoch bleibt die Geschichte überraschenderweise unterhaltsam und leicht zu lesen, weil es dem Autor auf einfühlsame Weise gelingt, seine Figuren trotz trauriger Thematik mit leisem Optimismus und menschlicher Wärme zu zeichnen.

Gelesen wird dieses Hörbuch von Robert Stadlober, dessen Stimme hervorragend zu dem Ich-Erzähler passt. Außerdem versteht er sich auf die Kunst, mit Betonung, der Klangfarbe seiner Stimme und gut verständlichem Dialekt wohl dosierte Akzente zu setzen, die dem Hörbuch Lebendigkeit verleihen. Wenn man nicht unbedingt Wert darauf legt das Buch selbst zu lesen und dabei bemerkenswerte Sätze markieren möchte, von denen es in „Am Ende der Einsamkeit“ einige zu entdecken gibt, dem kann ich das Hörbuch wärmstens empfehlen.

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Benedict Wells
Vom Ende der Einsamkeit
Ungekürztes Hörbuch
Sprecher: Robert Stadlober
Spieldauer: 7 Std. und 32 Min.
Erscheinungsdatum: 12.10.2018
Verlag: Diogenes