Die Wohnung glich jetzt einem etwas angestaubten Museum in dem Menschen umhergingen und alles begutachteten. Hier hatte sie einige Jahre gelebt und sich auch wohl gefühlt. Nun streiften dort Menschen umher, die die Dinge regelten, die noch zu regeln waren und die nach anderen Maßstäben bewerteten als sie. Die von außen ein Auge auf ihr Zuhause warfen, und es nach materiellen Gesichtspunkten in Kategorien wie brauchbar und unbrauchbar unterteilten.
Sie hatte sich mit Dingen umgeben, die für sie biografisch von Bedeutung waren, die sie an Dinge und Begebenheiten erinnern konnten, die einmal wichtig für sie waren. Die ihr ein Lächeln entlocken konnten, weil sie etwas Schönes damit verband und die ihr ein Gefühl von zu Hause angekommen sein vermittelten. Manches war auch einfach mehr als ihr halbes Leben lang da gewesen und es war unvorstellbar gewesen, etwas davon zu entbehren.
Jetzt landete immer mehr von ihrem alten Leben in blauen Müllsäcken um entsorgt zu werden. Einige wenige Stücke fanden ein neues zu Hause und wiederum andere wurden zurückgelegt und sollten ihr ins Heim folgen, um für ein wenig Behaglichkeit in ihrem Zimmer zu sorgen.
Auch wenn eigentlich niemand so genau wusste, was in ihrem Kopf vor sich ging und was die Demenz dem Verstand tatsächlich schon raubte, hofften doch alle darauf, dass sie zu benebelt war um das alles mitzubekommen und träumten für sie von wohl behüteter Betreuung in angenehmer Gesellschaft.
Bei den abc.etüden geht es darum, 3 Wörter in einer Geschichte unterzubringen, die maximal 300 Wörter umfasst. Dieses Mal: Museum, biografisch, erinnern.
Dann mögen die Träume Wirklichkeit werden, ich habe da inzwischen oft Zweifel.
Für mich ist das kein schöner Gedanke: Ausziehen zu müssen und nicht selbst entscheiden zu können, was unbedingt mitmuss und was nicht … 😕
Ein beunruhigender Text, aber ein guter. Danke fürs Mitschreiben, zum letzten Mal in diesem Jahr! 😉
Feuchte Morgenkaffeegrüße 😁🍁☁️☕🍪👍
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Der erste Eindruck war immerhin ein guter, aber den Einblick hinter die Kulissen erhält man als Besucher ja nicht. Da bleibt nur das Beste zu hoffen. Beunruhigend mitzubekommen, wie sich ein Leben allmählich auflöst. 😕
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Super geschrieben und die Stimmung gut eingefangen. Man kann ja immer nur von außen schauen und hoffen, dass sich derjenige soweit wohlfühlt mit den veränderten Umständen.
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Ja, mehr kann man wohl nicht machen.
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Wer kann schon entscheiden, was einem anderen Menschen wertvoll ist? Das klingt irgendwie vermessen… 😊
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Das ist es auch. Man kann nur versuchen sich in den Menschen hineinzuversetzen und hoffen, dass man in dessen Sinne entscheidet, wenn dieser selbst kaum mehr in der Lage ist zu sagen, was ihm am Herzen liegt. Gar nicht so einfach.
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Nein! Selbst in den schönen und wertvollen Momenten ist das Leben nicht einfach. Aber es lohnt sich! 😊
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Irgendwann geht halt manchmal nichts mehr, und dann müssen Dritte die Entscheidungen treffen. Mein Bruder hat das gerade mit seiner Frau durchlebt, die weder ihn noch die gemeinsamen Kinder mehr erkannte.
Aber auch da hat sie es an einigen Momenten realisiert und sich gewehrt.
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Alles gar nicht so einfach und immer ein schmaler Grat, dem Menschen seine Würde und Entscheidungsfähigkeit noch zu lassen, immer dann wenn es angebracht ist. Das erfordert unendlich viel Fingerspitzengefühl.
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